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ENIGMA II

Kirche St. Clemens Nürnberg, 21. März 1997, 19.00 Uhr


...Ein schwarzgekleideter Mann und eine Frau in einem einfachen, knöchellangen weißen Kleid, beide barfuß, gingen bis zur untersten Altarstufe und verharrten dort regungslos. Die Frau blieb weiter an ihrem Platz; der Mann schlug anschließend bis zur Erschöpfung mit einem Hammer unzählige riesige Nägel in einen alten Baumstumpf. Nach einer Zeit der Ruhe ging der Mann zu einem alten Eimer, der mit Tierblut gefüllt war, und schüttete das Blut sehr langsam, zunächst beinahe Tropfen für Tropfen der bewegungslosen Frau über den Kopf. Das Blut rann über ihr Gesicht, färbte das weiße Kleid rot, bildete auf dem Boden eine große Lache. Nach einer erneuten Zeit regloser Ruhe entzündete der Mann in einer alten Zinkwanne ein Bündel Reisig. Das trockene Holz loderte auf und verbrannte. Rauch stieg empor und erfüllte den ganzen Kirchenraum, während der Mann und die Frau bewegungslos ausharrten, bis das Feuer erloschen war. Langsam verdämmerte das Licht; der Mann und die Frau gingen hinaus. Zurück im Raum blieben die Elemente des Rituals, die Gerüche des Blutes und des kalten Rauches - und die blutigen Fußspuren der Frau auf dem weißen Tuch...

Max-Josef Schuster, Pastoralreferent

Fotograf: Konrad Beirle

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